Zur aktuellen Situation
Liebe Nulldreier,
wir wollen eine Gruppe sein, die mit ihrem Support im Stadion und ihren Choregraphien auf sich aufmerksam macht und nicht mit Stellungnahmen. Daher haben wir es bisher vorgezogen, den persönlichen Weg zu gehen, um den Konflikt, der uns aufgezwungen wird, zu lösen. In dieser besonderen Situation für unsere Fanszene erachten wir es allerdings als nötig, uns auf diesem Weg zu äußern.
Mit ständig wechselnden Gründen und ohne ernsthafte, vorherige Versuche, über klärende Gespräche die Situation ohne weitere Eskalationsschritte zu klären, wurde durch das Filmstadtinferno versucht, uns aus der Nordkurve zu verdrängen. Wir haben von vornherein gesagt, dass wir nicht dort bleiben werden, wo wir nicht erwünscht sind. Dazu bedürfte es jedoch eines Votums aller regelmäßigen Kurvengänger. Wir haben registriert, dass einige, teils seit langer Zeit inaktive Gruppen unseren Rauswurf unterstützten. Gleichzeitig erfuhren wir jedoch Solidarität von Fanclubs und unorganisierten Personen. Weitere Fanclubs entschieden sich, den Rauswurf nicht aktiv zu unterstützen. Damit ist für uns weiterhin klar, dass wir uns nicht Drohungen oder dem Faustrecht beugen werden.
Viele der Vorwürfe gegen uns erscheinen uns vorgeschoben. Gewaltaffinität? Angesichts der Tatsache, dass allein aus den letzten Wochen zahlreiche, in keiner Weise durch die Fanszene sanktionierte gewalttätige Aktionen bzw. Gewaltandrohungen durch das Filmstadtinferno stattfanden und wir uns kein einziges Mal zu einer Antwort auf der gleichen Ebene haben hinreißen lassen, erscheint uns der Vorwurf heuchlerisch. So war es ein Führungsmitglied des Filmstadtinferno, das beim Auswärtsspiel gegen Lok Leipzig einen weiblichen Fan auf den Boden des Gästeblocks beförderte. Scortesi, die ankündigten, uns zur Not mit Gewalt von unserem angestammten Platz in der Nordkurve zu verdrängen (der euphemistisch benannte „Platzwechsel“), sowie das Filmstadtinferno, welches sich zwar einer direkten Konfrontation scheute, wohl aber unsere Zaunfahne abzuhängen gedachte, sollten wir unseren Platz nicht räumen. Dies werten wir als Angriff auf unsere Gruppe. Hinzu kommt eine Situation beim Auswärtsspiel in Neugersdorf, als ein Gast des Filmstadtinfernos wegen eines Stickers (!) auf ein Mitglied unserer Jugendgruppe los ging und ganz unmackerhaft „Macht euch grade, ihr Bastarde!“ brüllte sowie einen Angriff nach dem Spiel ankündigte.
Nicht unerwähnt bleiben soll der gescheiterte Versuch des Filmstadtinferno, eine Spaltung zwischen uns und unserer Jugendgruppe „Junge Ultras Babelsberg“ herbei zu führen, indem am Vorabend des Spiels gegen Hertha II, JUB telefonisch mitgeteilt wurde, weiterhin am angestammten Platz bleiben zu können und der „Platzwechsel“ lediglich für die Underdogs gelte.
Uns wurde ebenfalls vorgeworfen, uns vom Rest der Fanszene zu sehr abzukapseln. Diese Ansicht können wir verstehen und gerade nach einem ersten Treffen nach der versuchten Verdrängung sowie einem Treffen mit allen Fans haben wir unser Verhalten diesbezüglich geändert. Beispielsweise wurde nun auf dem Nordkurvenplenum versucht, Busfahrten sowie Anreisen zu Auswärtsfahrten zu koordinieren. Als Ergebnis unseres Schritts in Richtung Fanszene, wurde uns zum nächsten Auswärtsspiel erneut mit „Konsequenzen“ gedroht, sollten wir versuchen, uns am Support zu beteiligen. Zudem wurde vom Großteil der Auswärtsfahrer, unter Führung des FI, bewusst eine andere Anreise als die unsere gewählt.
Der aktuellste und anscheinend nun wichtigste Vorwurf ist, dass wir dem Filmstadtinferno die Existenzberechtigung absprächen. Ein Satz eines einzelnen Gruppenmitgliedes wird in dieser Richtung interpretiert, trotz langwieriger Erklärungen, wie dieser gemeint war. Statt auf (von uns so wahrgenommenen) Fehlern oder Niederlagen anderer Gruppen herumzureiten, stand für uns das Wohl der Fanszene im Vordergrund. So auch bei den Fahnenverlusten an Zwickau. Auch, wenn wir zum Ausdruck gebracht haben, dass uns die Tatsache, dass auf diese keine Reaktion erfolgte, nicht schmeckt.
Die aktuelle Spaltung der Kurve sowie die allen Menschen in der Kurve aufgezwungene Entscheidung, sich für eine der beiden Konfliktparteien zu entscheiden, sehen wir äußerst kritisch. Der Verein ist immer noch in großen finanziellen Schwierigkeiten, die Aussicht auf einen Aufstieg ist dadurch äußerst gering. Schwindende Zuschauerzahlen und eine geringe Wahrnehmbarkeit in der Stadt, geschweige denn der Region, verschlimmern beide Probleme. Was der Verein braucht, ist eine geschlossene Fanszene, die sich trotz leicht unterschiedlicher Ansichten zum Fandasein diesen Problemen widmet. Wichtige Projekte unserer Gruppe liegen aufgrund der Aufmerksamkeit, die der Konflikt erfordert, entweder brach oder sind verzögert. Bei anderen Gruppen sieht es nicht besser aus.
Es kann nicht der Anspruch der Fanszene sein, eine Spaltung voranzutreiben, weil einem die Meinung oder Mentalität einer Gruppe nicht passt. Aufgrund der Abneigung uns und dem wofür unsere Gruppe steht gegenüber, befinden wir uns nun an jenem Punkt, an welchem wir den vierten internen Konflikt zweier Babelsberger Gruppen mit Beteiligung des FI binnen zehn Jahren führen. Ist es wirklich immer so, dass die jeweils neue Gruppe die Alleinschuld trägt, weil diese sich jeweils nicht mit dem Status Quo abgefunden hat und die Fanszene, auf unterschiedlichen Ebenen voran bringen wollte, oder spielt hier auch ein gehöriges Maß gekränkter Stolz und Machtdenken eine entscheidende Rolle?
Diesem Machtspiel haben wir uns bewusst entzogen, auch als wir am vergangenen Donnerstag noch einmal vom FI kontaktiert und gebeten wurden, die Nordkurve zu verlassen. In diesem Atemzug wurde uns nahegelegt, entsprechend unserer Stellung innerhalb der Fanszene zu handeln. Dies haben wir getan! Die Mitglieder unserer Gruppe, insbesondere die Gründungsmitglieder, stehen seit unzähligen Jahren in der Nordkurve, haben Auf- und Abstiege miterlebt und sind zahlreich mit Personen aus der Kurve auch außerhalb des Fußballs sehr gut befreundet. Trotz aller unterschiedlicher Meinungen zu Themen wie Lokalpatriotismus oder Gewaltbereitschaft wollen wir einen respektvollen Umgang mit allen Babelsberg 03-Fans führen. Dass uns nun, mitunter von Personen die erst seit äußerst kurzer Zeit überhaupt aktiv am Kurvengeschehen teilnehmen, gesagt wird, dass wir kein Teil der Nordkurve mehr sind, hat uns zu dem Schritt bewogen, eben jene nicht zu verlassen und unseren Platz am vergangen Freitag nicht einfach aufzugeben.
Natürlich ist uns ebenfalls bewusst, dass es beim ausleben unserer Vorstellung von Ultra und Fankultur Grenzen gibt. Der Kurvenkodex, an dem wir mitgearbeitet und den wir unterschrieben haben und den alle Interessierten in die Hand kriegen können, legt diese Grenzen fest. Anders als anderen Gruppen sind uns keine schwerwiegenden Verstöße gegen ihn – schon gar nicht auf der Ebene der Gewalt – vorzuwerfen. Im Gegenteil, wir haben ihn auch in Punkten durchgesetzt, die für uns zugegebenermaßen keine große Relevanz haben und werden dies weiterhin tun.
Nachdem die Forderung des Rauswurfs aus der Kurve uns erreicht hat, haben wir zahlreiche Gespräche geführt, uns mit Gruppen aus der Nordkurve getroffen sowie das Filmstadtinferno zu einem weiteren Klärungsgespräch eingeladen. Dieses wurde ausgeschlagen, das Angebot besteht jedoch weiterhin. Wir sehen Kommunikation und Kompromissbereitschaft jedoch weiterhin als den richtigen Weg und sind daran interessiert, den Konflikt aus der Welt zu schaffen.
Underdogs Babelsberg, Oktober 2018